Stolberg im Südharz
Karin Müller-Syring
Thomas Münzer Stadt, Fachwerkhäuser, Schloss und ausgedehnte Buchenwälder
Stolberg, links das Rathaus, davor das 1989 errichtete Denkmal zum 500. Geburtstag von Thomas Müntzer
Der idyllische Luftkurort Stolberg liegt im südlichen Teil des Mittelgebirges Harz in Sachsen Anhalt. Stolberg besaß bis zu seiner Eingemeindung etwa 800 Jahre lang Stadtrecht und ist heute ein Ortsteil der Gemeinde Südharz im Landkreis Mansfeld-Südharz. Da besonders die vielen sehr gut erhaltenen Fachwerkhäuser aus dem 15. bis 18. Jahrhundert und die engen Straßen mit den schmalen Gehwegen dem Ort eine ganz einzigartige Atmosphäre verleihen, erhielt Stolberg die internationale Anerkennung als Historische Europastadt. Auch als Thomas-Münzer-Stadt ist der Ort weit über die Grenzen des Harzes hinaus bekannt. Der Bauernführer und Theologe wurde hier geboren. Stolberg liegt im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz und ist von prächtigen Buchenwäldern umgeben.
Stolberg, Alte Münze
Hoch oben über der Stadt, auf einem Bergsporn, thront das gewaltige Schloss, in dem seit 1210 die Grafen zu Stolberg und die Fürsten zu Stolberg-Stolberg residierten. 1506 wurde hier Juliana zu Stolberg geboren und lebte bis zu ihrem 13. Lebensjahr im Schloss. Mit 17 Jahren heiratete sie den Grafen Phlipp II. von Hanau Münzenberg und gebar fünf Kinder. Nach seinem frühen Tod nahm sie der Graf Wilhelm von Nassau-Dillenburg zur Frau. Aus dieser Verbindung gingen 12 Kinder hervor und über die beiden ältesten Söhne Prinz Wilhelm I. und Graf Johann VI. wurde sie zur Stammmutter des niederländischen Königshauses Oranien-Nassau. Somit ist die niederländische Königin Beatrix eine direkte Nachfahrin der Juliana von Stolberg. Ihr Andenken wird in den Niederlanden hoch geehrt. Die heutige Silhouette erhielt das Schloss durch Veränderungen an der Bausubstanz um 1700. Seit 2002 wird das Schloss durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz instand gesetzt und restauriert. Einige Räume sind seit 2008 wieder regelmäßig für Besichtigungen geöffnet. Auch die Schlossterrassen, die in das Projekt „Gartenträume" in Sachsen -Anhalt aufgenommen wurden, laden Besucher zum Schauen und Verweilen ein.
Verzierungen mit Fächerrosetten am Gasthaus Kupfer, Am Markt 23
Eine besondere Eigenart besitzt das heutige Rathaus. Das prächtige Gebäude mit seinen drei Etagen wurde 1452 erbaut und damals als Kaufhaus, Schule und Tanzboden genutzt. Nach einem barocken Umbau wurde das große Gebäude am Markt ab 1724 zum Rathaus. Es besitzt kein Treppenhaus und der Zugang zu den einzelnen Stockwerken erfolgt auch heute noch über eine breite Außentreppe neben dem Haus.
Die vielen schönen Fachwerkhäuser in Stolberg besitzen häufig farbliche Schmuckelemente (Verzierungen), die das Straßenbild freundlich beleben. Ein besonders großes und historisch bedeutsames Gebäude ist die Alte Münze. Heute ist es Museum und zeigt eine fast vollständig erhaltene Werkstattausrüstung mit Geräten aus dem 18. Jahrhundert. Die Ausstellung gibt einen guten Einblick in die Münzgeschichte Stolbergs und Mitteldeutschlands. Hier in der Alten Münze werden auch jährlich von einem Künstler gestaltete Jahresmedaillen mit Stolberger Themen als Motiv geprägt. Bei diesen Prägungen können die Besucher zuschauen und erfahren, wie Münzen hergestellt wurden. Die oberste Etage des Hauses beherbergt eine Ausstellung über Leben und Wirken des Theologen und Bauernführers Thomas Müntzer, der um 1489 in Stolberg geboren wurde. Vermutlich war der 1500 verstorbene Münzmeister Matthes Montzer sein Vater. Direkt vor dem Rathaus befindet sich ein imposantes Denkmal, welches im Jahr 1989 zum 500. Geburtstag Thomas Müntzers errichtet wurde. Dessen vier Eckpfeiler sind Abgüsse der Säulen, die bei einem Brand in Münzers Geburtshaus erhalten geblieben sind.
Blick vom Schloss aus auf die Rittergasse
Neben den zahlreichen Sehenswürdigkeiten hält Stolberg aber auch ortstypische kulinarische Leckerbissen bereit, so die bekannten Stolberger Lerchen. Dies sind schlanke, besonders würzige Würstchen. Ihre Namensgebung ist der Tatsache geschuldet, dass die beim Braten in der Pfanne aus den Würstchen entweichende Luft dem Lerchengesang ähnliche Töne hervorbringt. Kreiert wurden die Stolberger Lerchen im 19. Jahrhundert durch den Fleischermeister Ernst Mansfeld, der diese Spezialität 1870/71 an verschiedene Könige und Feldherren verschickte und sie so schnell über die Harzgrenzen hinaus bekannt machte.
Der Ort Stolberg als Kleinod mittelalterlicher Fachwerkhäuser wird von Höhenzügen umrahmt, die mit herrlichen Buchenwäldern bewachsen sind und zu jeder Jahreszeit der Ortslage ihr ganz besonderes Gepräge geben. Die schöne Landschaft lädt zu ausgiebigen Wanderungen ein, die fast immer bergan führen. Das Josephskreuz, auf dem Großen Auerberg (579 m über NHN), ist ein besonders beliebtes Ausflugsziel. Von dem 1896 errichteten 38 Meter hohen Aussichtsturm, einem durch über 100 000 Nieten zusammengehaltenen eiserne Doppelkreuz, hat man bei klarer Sicht einen sehr guten Blick in die nähere und fernere Umgebung.
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Fotos: Karin Müller-Syring
Vorschaubild: Schloss Stolberg mit Blick zu den Schlossterrassen, Karin Müller-Syring
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